Varzin

Varzin

 

Warcino [varˈt͡ɕinɔ] (deutsch Varzin) ist ein Dorf im Powiat Słupski in der polnischen Woiwodschaft Pommern. Das Dorf in Hinterpommern hat ca. 450 Einwohner und ist Teil der Landgemeinde Kępice (Hammermühle).

 

 

 

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Der hinterpommersche Ort Varzin (auch: Vartzin) wird in einem Lehnsbrief von 1485 zum ersten Mal urkundlich erwähnt, ist aber – und dafür spricht seine Hufenverfassung – bereits slawischen Ursprungs. Damals war das Dorf im Besitz derer von Zitzewitz. Im Kirchenmatrikel von 1590 werden bei 12½ Hufen 25 Bauern und 1 Kossät genannt. Im Jahr 1628 werden 16½ Hufen und 6 Kossäten versteuert.


Nach den Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges wurde der größte Teil wieder aufgebaut. 1717 hatte Varzin wieder 15 Bauern und 2 Kossäten, Ende des 18. Jahrhunderts 16 Bauern, und 1813 bestanden nur noch neun Höfe, deren Zahl sich auf sechs im Jahre 1823 verringerte.

Im Gutsbezirk wurden im Laufe des 19. Jahrhunderts eine Glashütte im Vorwerk Chomnitz (heute polnisch: Chomnica), der Eisenhammer und der Seekaten angelegt. Die Glashütte ging später wieder ein. An der Wipper (Wieprza) wurden die Fuchs- und Kampmühle, im Forst eine Dampfschneidemühle (Sägewerk) errichtet. 1871 entstand der Ausbau Luschken (Łuźki), und 1873 wurde die große Papierfabrik in Betrieb genommen, die von Otto von Bismarck initiiert worden war und später unter dem Namen „Varziner Papierfabrik AG“ sich zum größten Betrieb Hinterpommerns entwickelte.

Erster namentlich nachweisbarer Besitzer von Varzin war Heinrich von Zitzewitz. Durch Vererbung zersplitterte sich der Besitz in den drei Ortschaften Beßwitz, Jannewitz und Varzin. 1692 kam Varzin an den späteren (ab 1723) Oberpräsidenten von Pommern Kaspar Otto von Massow, damals Hofgerichtsrat in Stargard in Pommern.

Wikipedia Luftbild Varzin 1933Kaspar Otto von Massow verkaufte es 1727 an den Grafen Adam Joachim von Podewils. Die spätere Erbtochter Auguste Friederike von Podewils heiratete 1809 den Hauptmann Konstantin Wener von Blumenthal, der es 1844 seinem zweiten Sohn Werner Ewald vermachte. Am 7. Juni 1867 kauft der damalige preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck Varzin von Werner Ewald von Blumenthal. Varzin blieb bis 1945 im Besitz der Familie von Bismarck.

Am 17. Mai 1939 hatte Varzin 746 Einwohner. Es gehörte damals zum Landkreis Rummelsburg, nachdem es bis 1882 dem Landkreis Schlawe zugehörig war. Über eine Nebenstraße war die Kreisstadt Rummelsburg (heute: Miastko) in 28 Kilometern erreichbar, in etwas geringerer Entfernung lag im Norden die vormalige Kreisstadt Schlawe (Sławno).

Im März 1945 wurde Varzin von der Roten Armee besetzt und wie ganz Hinterpommern anschließend unter polnische Verwaltung gestellt. Es begann nun die Zuwanderung polnischer und ukrainischer Bürger aus Gebieten östlich der Curzon-Linie, die in ihren Herkunftsländern, wo sie eine nationale Minderheit gebildet hatten, von der lokalen Sowjetkommandantur im Allgemeinen vor die Wahl gestellt worden waren, entweder eine neue Staatsangehörigkeit in Kauf zu nehmen oder auswandern zu müssen. Die deutsche Bevölkerung Varzins wurde vertrieben.

Wikipedia Rittergut Varzin 1860Otto von Bismarck, der sich selbst später gerne als „pommerscher Junker“ bezeichnete, obgleich er aus dem altmärkischen Schönhausen stammte, war gleichwohl seit seiner Kindheit auch mit Hinterpommern verbunden. Als Jugendlicher fuhr er gerne und oft nach Kniephof im Kreis Naugard in Pommern auf das Gut, das sein Vater von einem Vetter geerbt hatte. Hier verbrachte er Freizeit und Ferien, ab 1839 bewirtschaftete er es auch selbst.

Am 12. Februar 1867 erhielt er in Anerkennung seiner Verdienste um den guten Verlauf des Deutschen Krieges von 1866 eine Dotation von 400.000 Talern, die auf Wunsch des Königs in Grund- und Kapitalbesitz anzulegen war. Bismarck kaufte das Gut Varzin mit allen Nebenbesitzungen von Werner Ewald von Blumenthal. Im Jahr 1847 hatte er in Alt Kolziglow Johanna von Puttkamer aus dem nahen Reinfeld geheiratet, und als ihr Vater 1871 verstarb, kam das Gut Reinfeld zum Varziner Besitz.

Wikipedia Grabkapelle Fürstin v. BismarckNach dem Tode der Fürstin 1894 ordnete Bismarck an, dass seine Gefährtin ihre letzte Ruhe an der Stätte ihres Todes finden sollte, wo das Paar viele Sommer und Winter verlebt hatte. Ein kleines Gartenhaus, das ein Lieblingsplatz der Fürstin war, wurde zu einer einfachen Grabkapelle umgewandelt, und hier wurde der Sarg beigesetzt. Später wurde ihre Leiche nach Friedrichsruh verbracht, wo sie an der Seite ihres Gatten im Bismarck-Mausoleum bestattet ist.

Als Fürst Otto von Bismarck am 30. Juli 1898 starb, fielen die Besitzungen an seinen zweiten Sohn Graf Wilhelm von Bismarck, der damals Oberpräsident von Ostpreußen war. Dieser starb am 30. Mai 1901 in Varzin, seine Gattin Sybille, geborene von Arnim (Tochter von Bismarcks geliebter Schwester Malwine v. Arnim-Kröchlendorff), führte die Wirtschaft bis 1921 und übergab sie ihrem Sohn Graf Nikolaus von Bismarck. Nach dessen Tod am 20. Januar 1940 ging der Varziner Besitz im Wege der Erbfolge auf seinen Sohn Graf Rule von Bismarck über.

Vor der Besetzung von Varzin durch die Rote Armee im März 1945 war Gräfin Sybille von Bismarck nicht geflohen, sondern im Schloss Varzin geblieben. Berichten zufolge vergiftete sie sich bei dem Einrücken der Roten Armee. Sie wurde im März 1945 bei dem Erbbegräbnis der Familie Bismarck auf dem Richtberg bestattet. Dieses Erbbegräbnis der Familie Bismarck wurde später, nach 1957, durch den polnischen Staat gesprengt und die Särge aufgebrochen.

Der letzte Besitzer von Varzin, Graf Rule von Bismarck, starb am 1. Dezember 1991 in Chile, ohne Nachkommen zu hinterlassen.